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Lange galt die (Un-)Vereinbarkeit von Familie und Beruf als ein Thema von Frauen. Denn noch immer leisten Mütter den Großteil der unbezahlten Haus- und Sorgearbeit, selbst wenn sie in Vollzeit erwerbstätig sind. Ihre Einkommens- und Aufstiegschancen sind nach wie vor geringer als die von Vätern und von Frauen ohne Kinder. Seit einigen Jahren gewinnt das Thema der Vereinbarkeit auch bei Vätern an Bedeutung sowie in mehr und mehr Betrieben. Vereinbarkeit ist vor allem eine geschlechtsspezifische Frage: Für Mütter geht es um mehr Teilhabe am Erwerbsleben und berufliche Chancen. Für Väter um mehr Teilhabe an der Sorgearbeit und am Familienleben. Für die Betriebe geht es um die Sicherung von Fachkräften.
Stand: Juni 2021
Stark ausgeweitete Rechtsansprüche auf Betreuung und auf individuelle Bildung von Anfang an, gestiegene Anforderungen an die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen der Bildungs- und Familienpolitik – allein an diesen Punkten lässt sich eindrucksvoll nachvollziehen, welche Aufwertung Kindertageseinrichtungen und die Arbeit in ihnen in den vergangenen Jahrzehnten erfahren hat.
Schon seit 1990 steht es im Gesetz: Kinder von eins bis sechs Jahren haben einen Rechtsanspruch auf Bildung, Erziehung und Betreuung. Nach der Jahrtausendwende sorgte der PISA-Schock dafür, dass Bildung groß geschrieben wurde. Die Einrichtungen sollten nicht nur das Fundament für erfolgreiche Bildungskarrieren legen, sondern auch Benachteiligungen abbauen – angesichts der sozialen und kulturellen Vielfalt der Lebenswelten von Kindern nicht eben eine Kleinigkeit.
Kindertageseinrichtungen sind zudem unverzichtbar geworden, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Vielfältige Familienmodelle, sozial und kulturell diverse Lebenswelten prägen dabei den Alltag in der KiTa und den der Fachkräfte. Mit den Eltern soll das pädagogische Personal partnerschaftlich zusammen arbeiten, deren Kompetenzen stützen und sie beraten. Nicht zuletzt sollen die Einrichtungen mit Schulen und Initiativen kooperieren, um gemeinsam das Zusammenleben vor Ort kinder- und familienfreundlich zu gestalten.
Die Fachkräfte, die dieses hoch anspruchsvolle Aufgabenfeld bewältigen, müssen viele Kompetenzen mitbringen. Ihre Ausbildung muss deshalb Wissen, Kenntnisse und Fertigkeiten in großer Breite und Tiefe vermitteln, um sie mit der Handlungsfähigkeit und Berufsethik auszustatten, die eine Gesellschaft zu Recht von denen erwartet, denen sie ihre kleinsten und verletzlichsten Mitglieder anvertraut.
Die Erzieher:innen bilden die Kerngruppe des Fachpersonals in der Kindertagesbetreuung. Sie werden an Fachschulen für Sozialpädagogik ausgebildet. Die Bildungsgänge sind deshalb formal als Weiterbildungen definiert, denn sie bauen auf einer beruflichen Erstausbildung bzw. einschlägigen Berufserfahrungen auf. Die Gesamtausbildungszeit unter Berücksichtigung der beruflichen Vorbildung in der Kindertagesbetreuung dauert grundsätzlich fünf, mindestens vier Jahre. Die zweitgrößte Gruppe sind geringer qualifizierte Assistenzberufe mit einer zweijährigen Ausbildung, deren Einführung von unterschiedlichen Seiten kritisch begleitet wurde. Am Rand des Feldes rangieren die Tagespflegepersonen, bei denen praktische Erfahrung, informelle Qualifizierung und die Teilnahme an Fortbildungsangeboten als ausreichend gewertet werden, um den Rechtsanspruch von Kindern auf Betreuung, Erziehung und Bildung sicherzustellen. Nur vereinzelt gibt es Fachkräfte mit akademischem Abschluss (z.B. Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen).
Stand: Juni 2021
Bremen ist beim Ausbau der Tagesbetreuung hinter den anderen Bundesländern zurückgeblieben. Auch Modelle einer flexibleren Kinderbetreuung werden nur schleppend umgesetzt. Zugleich ist im Land Bremen die Fachkräftesituation extrem angespannt – ein Ergebnis nicht nur der Haushaltsnotlage, sondern auch einer Ausbildungspolitik, die die Nachfrage und prognostizierten Engpässe nicht ernst genug genommen hat. Umso mehr ist jetzt die Zeit für eine Fachkräfteoffensive.
Am weiteren Ausbau geht kein Weg vorbei. Er wird aber nicht ohne gut ausgebildete Fachkräfte und attraktivere Rahmenbedingungen gehen. Dazu gehören eine gute tarifliche Bezahlung, gute Personalschlüssel und Ausbildungs- sowie Arbeitsbedingungen, die hochwertige pädagogische Arbeit erlauben. Ein Zielkonflikt zwischen Ausbau und Fachkräftesicherung muss vermieden werden. Dies gelingt, wenn die Kindertagesbetreuung stärker als bisher in den Fokus genommen wird und im Landeshaushalt deutliche Schwerpunkte gesetzt werden.
Das traditionelle Familienmodell, der Vater als Alleinverdiener, die Mutter zu Hause, leben immer weniger Familien in Deutschland. Waren es im Jahr 1996 noch 40 Prozent, sank ihr Anteil bis 2013 auf 29 Prozent und bei Familien mit kleinen Kindern unter sechs Jahren nochmals auf 17 Prozent (2015). In der Stadt Bremen waren im Jahr 2015 fast 60 Prozent der Mütter selbst mit Kindern unter drei Jahren erwerbstätig. Die Hälfte dieser Frauen arbeitet sogar in Vollzeit - trotz betreuungsintensiver Kinder.
Während die Erwerbstätigkeit der Frauen und auch der Mütter in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist, macht ein Teil der Väter eher kleine Schritte in Richtung Familienarbeit. In der Stadt Bremen arbeitet heute die große Mehrheit der Väter auch nach der Geburt eines Kindes in Vollzeit (rund 70 Prozent). Ihre Bereitschaft, vorübergehend in Teilzeit zu arbeiten, steigt nur langsam. Dass mehr Mütter selbst mit kleinen Kindern heute deutlich häufiger arbeiten, hat auch mit dem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz und dem Elterngeld zu tun. Auch dadurch erhöht sich der Druck auf Politik und Betriebe, weiterhin mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu tun.
Der Blick auf die positiven Trends hin zu flexiblen Zwei-Verdiener-Familien verdeckt häufig jedoch die Schattenseite dieser Entwicklung. Bei einer Erwerbstätigkeit von rund 60 Prozent der Mütter mit Kindern unter drei Jahren, starten weiterhin 40 Prozent der werdenden Mütter ohne eigenständige Erwerbseinkommen in eine (weitere) Familien-phase. Sie sind finanziell entweder von ihrem Partner oder von Sozialleistungen abhängig. Neben der weiterhin vergleichsweise hohen Arbeitslosigkeit sind die fehlenden Erwerbseinkommen vieler Mütter eine der Ursachen für das weit überdurchschnittliche Risiko von Familien in Armut zu geraten. Es liegt in Bremen deutlich höher als in Hamburg oder Berlin.
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KammerReport, Dezember 2020
Download PDFErschienen in: Bericht zur Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land Bremen 2020
Download PDFErschienen in: Bericht zur Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land Bremen 2019
Download PDFErschienen in: Bericht zur Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land Bremen 2019
Download PDFMehr Vereinbarkeit wagen! Zur Situation der Familien im Land Bremen, Dezember 2016
Download PDFErschienen in: Bericht zur Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land Bremen 2017
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