100 Jahre Arbeit im Hafen

Die bremischen Häfen zählen heute zu den wichtigsten in Europa (Foto: Im Bremerhavener Fischereihafen, 1950er-Jahre)

Die bremischen Häfen zählen heute zu den wichtigsten in Europa – doch ihre Geschichte war vor allem für die Arbeiter wechselhaft. Rund 14.000 Beschäftigte sind heute an den Kajen in Bremen und Bremerhaven tätig.

Text: Insa Lohmann
Foto oben: Historisches Museum Bremerhaven


Vor 100 Jahren war der Güterumschlag auf die Häfen in Bremen-Stadt konzentriert. Hier wurde vor allem Baumwolle, Wolle, Tabak, Getreide, Kaffee und Reis verladen. Bremerhaven machte sich zunächst als Auswandererhafen und als Umschlagplatz für die Fischerei einen Namen.

Den großen Boom erlebten die bremischen Häfen nach dem Zweiten Weltkrieg. Bremerhaven wurde zum Nachschubhafen für die US-amerikanischen Streitkräfte und sowohl in der Seestadt als auch in Bremen war die Arbeit im Hafen sehr begehrt.

Bereits 1914 wurde der Hafenbetriebsverein von verschiedenen Einzelbetrieben wie Reedereien, Stauereien und Speditionen gegründet. Dieser übernahm die Gelegenheitsarbeiter, die bis dahin kein festes Arbeitsverhältnis hatten, zu einer fest angestellten Stammbelegschaft mit festen Löhnen.

In den 1950er-Jahren war das Umschlagvolumen wieder auf Vorkriegsniveau und die Beschäftigung im Hafen wuchs. Die Arbeit zog vor allem Menschen aus Bremen und dem Umland an, die als Decksmann, Stauer, Kranführer oder Tallymann (Ladungskontrolleur) arbeiteten – und die Vorzüge genossen, schneller an kostbare und lang entbehrte Güter wie Kaffee oder Südfrüchte zu kommen. Die Hafenarbeit war in den 1950er- bis 1970er-Jahren vom klassischen Stückgutumschlag geprägt. Sie war nicht nur zeitintensiv, sondern vor allem körperlich anstrengend und erforderte viel Personal. Ab den 1950er-Jahren waren die Mitarbeiter gewerkschaftlich gut organisiert, regelmäßig kam es zu Lohnkämpfen und Streiks – der Grundstein für die gute Bezahlung der Hafenarbeit bis heute. Viele Hafenarbeiter fuhren damals deshalb Doppelschichten.

Mitte der 1960er-Jahre begann das Containerzeitalter in den Häfen der Stadt Bremen. 1971 wurde die erste Containerbrücke in Bremerhaven eingeweiht. Der Einsatz der Transportboxen hat den Hafen und die Hafenarbeit revolutioniert. Es wurden jetzt nicht mehr Schuppen und Speicher benötigt, um die Waren zwischenzulagern, sondern weitläufige Stellplätze. Auch die Arbeit im Hafen veränderte sich: Ganze Berufsgruppen verschwanden und auch die Beschäftigung nahm ab. So mussten die Güter beispielsweise nicht mehr von „Schauerleuten“ entladen werden, die vorher zentnerschwere Säcke, Fässer oder Kisten schleppten.

Mit zunehmender Technisierung wurde die Hafenarbeit anspruchsvoller. 1971 wurde die Hafenfachschule gegründet, um das Know-how der Hafenfacharbeiter zu stärken.

Ende der 1970er-Jahre gelang in Bremerhaven auch der Durchbruch im Automobilumschlag. Mittlerweile gehört die Seestadt hier zu den größten Umschlagplätzen in Europa. Weil der Kostendruck stark zunahm, wurde bereits vor rund zehn Jahren ein Extra-Tarifvertrag für die Fahrerinnen und Fahrer im Automobilumschlag abgeschlossen, der niedrigere Löhne vorsieht als im Containerumschlag.

Automobil- und Containerumschlag dominieren inzwischen das Hafengeschäft, das zum überwiegenden Teil in Bremerhaven angesiedelt ist. 2020 lag der Seegüterumschlag mit Containern und Automobilen hier bei 56,1 Millionen Tonnen. In Bremen-Stadt werden mittlerweile vor allem Massenund Stückgüter umgeschlagen, der Gesamtumschlag betrug 2020 10,4 Millionen Tonnen.

Durch die Digitalisierung werden sich die Anforderungen an die Beschäftigten im Hafen weiter massiv verändern. Vor allem im Containerumschlag werden an einigen Standorten bereits jetzt automatisierte Terminals eingesetzt.

Warenumschlag im Bremer Hafen, 1930
(Foto: Senatorin für Kinder und Bildung, Fotoarchiv)

Autoumschlag an der Bremerhavener Columbuskaje, 1950er-Jahre
(Foto: Historische Museum Bremerhaven)

Im Bremerhavener Fischereihafen, 1950er-Jahre
(Foto: Historische Museum Bremerhaven)

Das Containerterminal in Bremerhaven, 2019
(Foto: Kay Michalak)