Ehepaar berechnet seine Rente

Das ändert sich 2024 bei der Rente

Viele Anpassungen, aber keine „großen Würfe“

Zum Jahreswechsel gibt es auch im Bereich der Alterssicherung einige Änderungen, wobei es sich oftmals um laufende Anpassungen infolge früherer Reformen handelt. Die wichtigsten Neuerungen stellen wir im Folgenden vor. Noch ist unklar, ob und wann die Ampel-Koalition weiterreichende Reformen zur Organisation und Finanzierung der Rente angehen wird.

Text: Magnus Brosig
Foto: iStock
22. Dezember 2023

Im Zuge der schrittweisen Anhebung diverser Altersgrenzen gelten erneut höhere Schwellenwerte. Regelaltersrenten (notwendig sind fünf Beitragsjahre) können 1958 geborene Personen jetzt ab der Regelaltersgrenze von 66 Jahren beziehen. Altersrenten für besonders langjährig Versicherte (notwendig sind 45 Jahre, insbesondere mit Pflichtbeiträgen) sind für 1960 geborene Versicherte im Alter von 64 Jahren und vier Monaten zugänglich. Beide Rentenarten können nicht vorzeitig mit Abschlägen bezogen werden. Diese Option steht allerdings mit der Altersrente für langjährig Versicherte dauerhaft ab dem 63. Geburtstag zur Verfügung (notwendig sind 35 Versicherungsjahre). Die Abzüge bemessen sich dabei nach der jeweiligen Regelaltersgrenze und betragen für jeden Monat des vorzeitigen Bezugs dauerhaft 0,3 Prozent der Bruttorente. Schwerbehinderte des Geburtsjahrgangs 1960 können schließlich bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen abschlagsfrei mit 64 Jahren und vier Monaten in Rente gehen. Ein Rentenbezug mit Abschlägen ist bei dieser Rentenart immer genau drei Jahre früher möglich.

Neue Regeln für den Zuverdienst

Für einen Hinzuverdienst neben vorzeitigem Rentenbezug gilt seit 2023 dauerhaft, dass er bei Altersrenten in unbegrenzter Höhe möglich ist, ohne dass die laufende Rente reduziert wird. Für volle Erwerbsminderungsrenten wird die entsprechende Jahresgrenze 2024 auf 18.558,75 Euro angehoben, für Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung auf den doppelten Wert. Voraussetzung für derartigen Rentenbezug ist, dass man nicht über einen längeren Zeitraum mehr arbeitet, als man nach festgestellter Erwerbsminderung überhaupt noch kann. Kritisch ist zu sehen, dass der Gesetzgeber noch immer nicht im sonstigen Sozialrecht nachgebessert hat: Nach wie vor sind Ansprüche auf weitere Lohnersatzleistungen (zum Beispiel Arbeitslosengeld) parallel zum Rentenbezug stark begrenzt, so dass bei der Kombination von Frührente und Beschäftigung besondere Vorsicht bei der Planung geboten ist. Und ganz grundsätzlich bleibt einzuwenden, dass großzügige Hinzuverdienstregelungen zwar kurzfristig attraktiv erscheinen, aber die Grenze zwischen Arbeit und verdientem Ruhestand verwischen. Außerdem können sie wegen der oft hohen Rentenabschläge schnell zu schließlich geringeren Alterseinkommen führen.

Der Beitragssatz bleibt stabil

Wer 2024 in Rente geht, erhält – vorbehaltlich einer absehbaren Gesetzesänderung – 17 Prozent der ersten vollen Jahresrente als dauerhaften Steuerfreibetrag. Wegen der schrittweise umgestellten Besteuerung von Beiträgen und Renten werden Neurentnerinnen und Neurentner voraussichtlich ab 2058 ihre Renten voll versteuern müssen. Im Gegenzug sind Rentenversicherungsbeiträge seit 2023 in voller Höhe steuerlich absetzbar.

Der von Beschäftigten und Arbeitgebern je zur Hälfte getragene Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung bleibt stabil bei 18,6 Prozent. Gleichzeitig steigen die Beitragsbemessungsgrenze und das vorläufige Durchschnittsentgelt auf 90.600 Euro bzw. 45.358 Euro brutto. Wer in Bremen 2024 letztere Summe als versichertes Bruttogehalt verdient, erwirbt damit genau einen Entgeltpunkt. Bis zur jährlichen Anpassung am 1.7.2024 wird ein solcher Baustein für die monatliche Rente noch mit 37,60 Euro bewertet. Die Bundesregierung vermutet aktuell, dass die gesetzlich festgeschriebenen Einflussfaktoren (vor allem die Lohnentwicklung) dann zu einer Rentenerhöhung um etwa 3,5 Prozent führen werden.

In den vergangenen Jahren gab es einige Leistungsverbesserungen für Personen, die erstmals eine Erwerbsminderungsrente beziehen mussten. Die jeweiligen Bestandsrentnerinnen und Bestandsrentner waren jeweils davon ausgeschlossen und verfügen über entsprechend geringere Renten. Um diese Lücken zumindest teilweise zu schließen, wurden schon 2022 pauschale Aufschläge auf betroffene Erwerbsminderungsrenten beschlossen, die nun ab Juli 2024 geleistet werden. Wessen Erwerbsminderungsrente zwischen dem 1.1.2001 und dem 30.6.2014 begann, erhält dann einen dauerhaften Zuschlag von 7,5 Prozent. Bei einem Rentenbeginn zwischen dem 1.7.2014 und dem 31.12.2018 beträgt die Erhöhung 4,5 Prozent. Dies entspricht gut der Hälfte der entstandenen Lücken, weshalb die Reform zweifellos ein wichtiger, aber noch kein ausreichender Schritt ist.

Stabile Sozialversicherungen funktionieren nur als solidarische Pflichtsysteme.

Magnus Brosig, Referent für Sozialversicherungs- und Steuerpolitik

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das aktuell noch leicht darüber liegende Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken zu lassen, sondern dauerhaft auf diesem Wert zu stabilisieren. Die Schere zwischen Löhnen und darauf folgenden Renten würde dadurch zumindest nicht noch weiter geöffnet, auch wenn sie durch ein wieder höheres Niveau eigentlich wieder etwas geschlossen werden müsste. Außerdem würden laufende Renten dann wieder so angepasst, wie die beitragspflichtigen Löhne zuvor gestiegen sind. Zur Unterfütterung dieser sogenannten „Haltelinie“ ist ein schrittweise aus öffentlichen Mitteln aufgebauter Kapitalstock vorgesehen. Seine Erträge sollen zusätzlich zu Beiträgen, Bundeszuschüssen und weiteren Einnahmen dem Haushalt der Rentenversicherung zugutekommen. Inwieweit dieses „Generationenkapital“ überhaupt notwendig und hilfreich wäre, ist strittig. Zweifellos wäre die dauerhafte Niveausicherung aber ein großer Fortschritt für die Versicherten und sollte zeitnah umgesetzt werden.

Im zersplitterten deutschen Alterssicherungssystem ist nur etwa ein Viertel der Selbstständigen überhaupt zur systematischen Altersvorsorge verpflichtet, davon wiederum nur ein Teil in der gesetzlichen Rentenversicherung. Entsprechend verbreitet sind Vorsorgelücken, die die Bundesregierung nun zumindest für neue Selbstständige schließen möchte: Sofern sie nicht ohnehin anderweitig zur Vorsorge verpflichtet sind, sollen sie zukünftig wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesetzlich vorsorgen. Anders als diese sollen sie aber auch „Alternativprodukte“ privater Versicherer nutzen können. Die Arbeitnehmerkammer begrüßt Pläne zum überfälligen Lückenschluss, lehnt derartige Wahlmöglichkeiten aber kategorisch ab: Sozialversicherungen funktionieren nur als solidarische Pflichtsysteme, jegliches Rosinenpicken muss vermieden werden.