Ein Hund steht im Büroflur und schaut in die Kamera, im Hintergrund sind verschwommen zwei Mitarbeiterinnen zu sehen.

Vier Pfoten im Büro

Hunde am Arbeitsplatz

Bürohunde können nicht nur die Atmosphäre im Team verbessern, sondern auch Stress und ­psychische Belastungen reduzieren. Doch es muss klare Regeln für alle Beteiligten geben.

Text: Insa Lohmann
Foto: Kay Michalak
1. Mai 2023

Ein genüssliches Gähnen, gefolgt von einem ausgiebigen ­Strecken – dann lässt sich Nero wieder gemütlich auf die Seite fallen und schließt die Augen. Seit mittlerweile fünf Jahren begleitet der neunjährige Mischling die Umweltbio­login ­Friederike Stelter in ihr Büro in der Bremer Überseestadt. Während der Arbeit verweilt er auf seiner Kuscheldecke oder legt sich nebenan in ein kleines Büro mit bodentiefen Fenstern. „Nero darf sich hier frei bewegen, man nimmt ihn aber auch wenig wahr“, sagt die 30-Jährige. Trotzdem gibt es für die Hundehalterin auf der Arbeit klare Regeln, was ihren Vierbeiner betrifft: Wenn Besuch kommt, wird Nero angeleint. „Ich möchte niemandem auf die Füße treten mit ­meinem Hund“, sagt Friederike Stelter. „Ich kann nicht von allen Leuten erwarten, dass sie meinen Hund cool finden“, so die Umweltbiologin. Rücksichtnahme sei hier das A und O: „Wir versuchen im Büro alle, das Konfliktpotenzial so klein wie möglich zu halten.“

„Bürohunde bringen unglaublich viel Entspannung rein.  Aber ein Hund kann auch stören.“
Maren Handwerk, Geschäftsführerin eines Bremer Ingenieurbüros

Gerade wenn Ängste im Spiel sind, sei Rücksicht wichtig – so wie bei dem externen Dienstleister, der sich im Büro um die Pflege der Pflanzen kümmert. Wenn der kommt, bringt ­Friederike Stelter Nero vorsichtshalber ins Bad. Auch in ­solchen Situationen könne sie auf die Unterstützung der Kolle­ginnen und Kollegen setzen. „Wir haben ein super ­nettes Büroklima, das macht schon viel aus bei dem Thema“, sagt die Umweltbiologin. Mischling Nero kam während eines Auslandssemesters in Norwegen zu Friederike Stelter, war ihr treuer Begleiter während eines sechsmonatigen Praktikums in einer abgelegenen Waldhütte. Aus ihrem Arbeitsalltag ist er nicht mehr wegzudenken: „Ich genieße seine Gesellschaft. Er ist inzwischen ein richtiges Büro-Mitglied.“ Neben neun Angestellten sind regelmäßig auch drei Vierbeiner mit auf der Arbeit. „Hunde sind ein wichtiger Teil unseres Büros“, sagt die 30-Jährige. Das Kraulen der Hunde wirke nicht nur bei ihr beruhigend, das gehe auch den Kolleginnen und Kollegen so. Für sie steht fest: „Ich würde keinen Job annehmen, bei dem ich meinen Hund nicht mitnehmen kann.“

„Wer seinen Hund mit ins Büro ­bringen will, sollte vorher die ­Zustimmung des Arbeitsgebers ­einholen.“
Kaarina Hauer, Leiterin der Rechtsberatung in der Arbeitnehmerkammer

Für Tierfreunde ist längst klar, dass Hunde im Büro für eine entspanntere Atmosphäre sorgen können. Auch Studien be­­legen, dass die Anwesenheit der Vierbeiner die Arbeitsmotivation und das Arbeitsklima verbessern können. Für Markus Beyer kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: die Prävention psychischer Erkrankungen. Der Berliner gründete vor neun ­Jahren den Bundesverband Bürohund e.V. Seine Mission: mehr Hunde im Büro – zum Wohle von Menschen, Unternehmen und Hunden, wie er auf seiner Website schreibt. Das Thema Gesundheit im Zusammenhang mit Hunden liegt ihm am Herzen, auch aufgrund eigener Er­­fahrungen. Die ­Be­­lastung im Alltag vieler Menschen sei in den vergangenen ­Jahren gestiegen, Ängste und Sorgen nehmen zu. Hunde­trainer Beyer ist überzeugt: „Da hilft ein Hund.“ Das ­Streicheln der Vierbeiner führe bei Mitarbeitenden zu ­weniger Stress und sorge dafür, dass vor allem ­negative Gedankenspiralen unterbrochen werden.

Dazu kommt, dass sich während der Corona-Pandemie einige Beschäftigte im Homeoffice einen Vierbeiner angeschafft haben, den sie nun mit der Rückkehr an den Arbeitsplatz nicht missen möchten. Grundsätzlich gilt: „Wer seinen Hund mit ins Büro bringen will, sollte vorher die Zustimmung des Arbeitgebers ein­holen“, erklärt Kaarina Hauer, ­Leiterin der Rechts­beratung in der ­Arbeitnehmer­kammer. Denn dieser übe das Hausrecht aus.

„Hunde sollten als Resilienz-­Booster in Unternehmen gesteuert ­zugelassen werden.“
Markus Beyer, Bundesverband Bürohund e.V.

Der Vorsitzende des Bundes­verbandes Bürohund wünscht sich von den Arbeitgebern: „Hunde als Resilienz-­Booster in Unternehmen gesteuert zu­­lassen.“ Darunter versteht er, dass von der Unternehmens­lei­tung nicht nur klar kommuniziert wird, wenn ein Bürohund in Zukunft am Arbeitsplatz erlaubt ist, sondern dass es auch klare Regeln gibt. Dazu gehört für ihn, dass die Hunde im Unternehmen auf dem Weg an den Arbeitsplatz an­­geleint, Leckerlis von ­anderen nicht ohne Erlaubnis gefüttert und hundefreie Bereiche festgelegt werden – das sei vor allem für Mitarbeitende mit Allergien und Ab­neigungen ­wichtig. ­Markus Beyer rät, diese Regeln für den Umgang mit ­Hunden im Büro schriftlich festzuhalten und einen neutralen Ansprechpartner als Vermittler in der Belegschaft zu be­­nennen. Wichtig sei, dass Mitarbeitende, Hunde und das Unternehmen sich mit der Situation wohlfühlen.

„Bürohunde und Beschäftigte mit Allergie – das ist schwer zu vereinbaren“, sagt Maren Handwerk, Geschäftsführerin der Bremer CE-CON GmbH, die für einen betroffenen Mit­arbeiter ein entsprechendes Konzept mit hundefreien Räumen erstellt hat. „Das war eine Herausforderung“, sagt die Unter­nehmerin, die ihre Herdenschutzhündin regelmäßig mit ins Büro nimmt – auch das sei nicht immer einfach. „Manche erschrecken sich, das haben wir vorher unterschätzt“, gibt sie zu. „Da muss ich mir auch an die eigene Nase fassen, ein Hund kann auch stören.“ Maren Handwerk plädiert für klare Regeln: „Es kann nur funktionieren, wenn es gegen­seitige Rücksichtnahme gibt.“ Auch wenn das Thema immer mal wieder für Debatten im Büro sorge, überwiegen für die Geschäftsführerin die positiven Effekte: „Bürohunde bringen unglaublich viel Entspannung rein.“